Im Rotlichtmilieu

Am 17. Juli 2022 gelang mir an meinem 80/600 ED-Refraktor ein erster Schnappschuss einer Sonnenprotuberanz. Um solche Beobachtungen und Fotos der Sonne machen zu können, ist ein spezieller Filter erforderlich. Zum Einsatz kam ein Daystar Chromosphere H-Alpha Filter mit 4fach – Telezentrik und ein 40 mm Televue-Plössl-Okular. Der Daystar ermöglicht es, nur einen ganz schmalen Teil des Sonnenspektrums zu beobachten. Genutzt wird hier nur das Licht des angeregten Wasserstoffs bei einer Wellenlänge von 656,28 Nanometern. Daher auch die rote Färbung der Aufnahme.

Nur im Bereich dieser Wellenlänge lassen sich Protuberanzen und Strukturen der Chromosphäre beobachten. Es sei denn, man wartet auf eine totale Sonnenfinsternis. Dann schirmt der Mond die helle Sonnenscheibe ab und die überwiegend in dieser Wellenlänge leuchtenden Bereiche der Chromosphäre und somit auch die Protuberanzen werden sichtbar.

Protuberanzen sind heftige Materieströme auf der Sonne, die am Sonnenrand als matt leuchtende Bögen beobachtet werden können.

Diese Protuberanz erhob sich zur Beobachtungszeit gegen 16.17 Uhr MESZ etwa 75.000 km über dem Sonnenrand. Das Bild wurde mit einem, an das Okular gehaltenen IPhone 6s aufgenommen und lediglich in Photoshop beschnitten. Bemerkenswert sind die vielen Strukturen in den aufsteigenden Gasmassen. Dieser „Schnappschuss“ mit dem Handy ist gewissermaßen mein erstes „Werk“ in der H-Alpha-Fotografie.

Werbung

Blick zum Mond am 13. März 2022

Ein erster Versuch den Mond mittels einer Astrokamera aufzunehmen fand am Abend des 13. 03.2022 statt. Die Ergebnisse waren für den Anfang schon ganz gut, auch wenn die atmosphärischen Bedingungen nicht optimal waren. Im oben stehenden Bild ist die sehr markante Region um die Wallebene Clavius und dem gerade im Sonnenaufgang liegenden Krater Gassendi (der „Ring mit Perle“ oben rechts im Bild) zu sehen. Diese Formationen liegen im kraterreichen Süden des Mondes. Durch die astronomische Orientierung des Bildes steht die Szenerie auf dem Kopf. Weitere Bilder gelangen auch von meiner Lieblingsregion auf dem Mond, dem Mare Imbrium mit dem Sinus Iridium und dem Krater Plato. Das Mondalter des zunehmenden Mondes betrug zum Beobachtungszeitpunkt 10,4 Tage und er befand sich im Sternbild Krebs, also sehr hoch über dem Horizont. Er war 80,1 % beleuchtet und war 393.624 km von der Erde entfernt.

Zur besseren Orientierung habe ich für die Detailbilder auch Übersichtskarten mit den Bezeichnungen für die markantesten Objekte angefertigt.

An diesem Abend war es zwar sehr klar, allerdings blies ein unangenehmer starker, kalter Ostwind, der auch die Luft sehr unruhig machte. Keine einfachen Bedingungen. Um eine solche Aufnahme zu erhalten, habe ich an meinem 80/600 ED-Refraktor eine QHY-5-III-462C CMOS-Kamera mit einer 2-fach Barlowlinse angeschlossen. Damit konnte ich eine Brennweite von 1.200 mm erreichen, welche am Mond schon eine Anzahl an Details zeigt. Das gezeigte Bild ist allerdings kein einzeln aufgenommenes Bild, sondern der Extrakt aus einem Videofile mit 1.500 Bildern, welches mit der Software SharpCap aufgenommen wurde. Mittels Autostakkert und Registax 6.0 wurde dieses File nach den besten und schärfsten Einzelbildern durchsucht. Diese wurden danach gestackt, exakt ausgerichtet und mit sogenannten Wavelet-Filtern geschärft. Eine weitere Bearbeitung fand mit Photoshop statt. Eine genauere Beschreibung meines Workflows hierzu folgt später einmal. Fürs Erste ein ganz annehmbares Ergebnis mit doch relativ geringen Mitteln. Aber es zeigt, was mit einem kleinen Refraktor mit nur 600 mm Brennweite heutzutage technisch möglich ist. Eine höhere Auflösung ließe sich mit einem Teleskop mit mehr Öffnung und Brennweite erzielen.

„First light“ am 27. Februar 2022

Am 27. Februar 2022 war es endlich soweit. Montierung und Steuerung an meinem Standort in Oberwiesenthal waren fertig eingerichtet und nach einigen Vorarbeiten konnte diese erste klare Nacht nach einer langen Schlechtwetterphase endlich für Beobachtungen und Tests genutzt werden

Zum Einsatz kam mein 80/600 ED-Refraktor und ich prüfte zunächst nochmals die korrekte Ausrichtung der Montierung auf den Himmelsnordpol. Hier musste aber aufgrund einer nicht richtig festgezogenen Stellschraube neu justiert werden, was mittels der Software Sharpcap und einer QHY 5-III 462 C – Kamera recht schnell erledigt war. Die Ausrichtung ist trotz der recht groben Einstellmöglichkeiten an der ALT-5 ADN-Montierung in Azimut und Höhe doch ganz passabel geworden.

Ausrichtungsgenauigkeit der Stundenachse auf den Himmelsnordpol

Die Montierung positioniert nun genau auf das ausgewählte Himmelsobjekt und führt perfekt nach.

Eigentlich war ein Test mit einer CCD-Kamera am 80/600 ED-Refraktor noch nicht geplant, aber ich hatte noch Zeit und Versuch macht klug. Meine Moravian G2-1600 CCD-Kamera passt zwar hinsichtlich der Pixelgröße (9 my) nicht zum Refraktor. Bei 600 mm Brennweite entspricht das einer Auflösung von rund 3 Bogensekunden pro Pixel und ist somit deutlich im sogenannten „undersampling“. Das geht auf Kosten der Auflösung.

Für einen ersten Test, ob Aufnahmekamera, Autoguider, Steuerung und Montierung mit Aufnahme- und Steuersoftware zusammenwirken, wurde die „Needle-Galaxy“, NGC 4565 im Sternbild Haar der Berenice (Coma Berenicis) aufgesucht und erste Bilder aufgenommen. Um wirklich punktförmige Sterne zu erhalten, muss das Teleskop mit der Kamera der Erddrehung nachgeführt werden. Das erledigt der Antrieb der Montierung. Um dieses „Nachführen“ so exakt wie möglich zu erledigen, wird mit einer zweiten Kamera an einem zweiten kleinen Teleskop ständig automatisch die Position eines sogenannten Leitsterns gemessen und die Abweichungen von der SOLL-Position durch die Montierung korrigiert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Sterne sind punktförmig und es war eine Freude der Nachführkontrolle auf dem Monitor zuzusehen. Nur minimalste Abweichungen.

Needle-Galaxie NGC 4565 im Sternbild Haar der Berenice (Coma Berenicis)

Im Bildzentrum ist die lang gestreckte Form von NGC 4565 gut zu erkennen. Auch das Staubband mit Verdickungen entlang der Achse der Galaxie ist gut zu erkennen. Für dieses Bild wurden zwei Aufnahmen mit einer Gesamtbelichtungszeit von 7 min kombiniert. NGC 4565 ist eine Sterneninsel im All, etwas größer als unsere Milchstraße. Wir sehen das Licht von 120 Milliarden Sonnen aus einer Entfernung von 39 Millionen Lichtjahren.

Aufnahme mit Objektbezeichnung

Nachfolgend noch weitere Informationen zu den wichtigsten Objekten auf dieser Aufnahme:

  • NGC 4565 Needle-Galaxie: 120 Mrd. Sonnenmassen, Entfernung 39 Mio. Lichtjahre, visuelle Helligkeit: 9.08 mag
  • NGC 4562: Galaxie in 36 Mio Lichtjahren Entfernung, visuelle Helligkeit: 14.37 mag
  • IC 3546: Galaxie in 310 Mio. Lichtjahren Entfernung, visuelle Helligkeit: 14.6 mag
  • IC 3543: Galaxie in 280 Mio. Lichtjahren, visuelle Helligkeit: 15.8 mag

Mit nur 7 min Belichtungszeit mit einem relativ kleinen Teleskop aber einer empfindlichen CCD-Kamera gelang beim „first light“ (erstes Licht) der Sternwarte Oberwiesenthal ein wirklich schon tiefer Blick ins Weltall.

Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021

Meine erste Beobachtung einer Sonnenfinsternis von „eigener Scholle“ (im Garten) fand am 10. Juni 2021 statt. Leider waren die Wetterbedingungen alles andere als optimal. Es war stark bewölkt, zeitweise bedeckt und ich hatte wenig Hoffnung überhaupt etwas von diesem Ereignis zu sehen. Zu Beginn der partiellen Phase fing es auch noch an leicht zu regnen.

Just zum Zeitpunkt der größten Bedeckung der Sonne durch den Mond zog es ein wenig auf und mir gelang dieses Foto. Zum Einsatz kam ein 80/600 ED-Refraktor auf einer Losmandy G-11-Montierung. Als Kamera diente eine Canon EOS 5D II die fokal am Refraktor angebracht wurde. Aus den wenigen Aufnahmen wurde die oben gezeigte ausgewählt und entsprechend nachbearbeitet. Aus der ursprünglichen Farbaufnahme wurde eine monochrome erstellt und der Kontrast angehoben. Auf der Photosphäre sind wenige kleine Sonnenflecken sichtbar.

„Arbeitsplatz“ zur Sonnenfinsternis. Im Hintergrund ist der Bauplatz der Sternwarte mit der zukünftigen Basis (Säule) für die Montierung zu sehen.

Trotz des doch sehr schwierigen Wetters für eine solche Beobachtung ein schönes Ergebnis. Der Standort ist auch hinsichtlich des Luftunruhe (Seeings) nicht der schlechteste. Mir sind selbst im Winter mit dem Refraktor schöne visuelle Sonnenbeobachtungen gelungen, mit knackscharfen Sonnenflecken.

Zeitweise sah es sah aus (Rohbild, beschnitten)
Bearbeitetes Bild der Sonnenfinsternis, Bilddaten folgen

Sterne sind glühende Kohlen und Asche

Der afrikanischen Stamm der San lebte viele hunderte Jahre nomadisch in den Weiten der Kalahari und der namibischen Hochländer. Unter ihnen erzählt man sich noch heute die Geschichte, dass eine Eule aus lauter Ärger über die völlige Dunkelheit der Nacht glühende Kohlen und glühende Asche aus dem Feuer nahm, sie hoch in die Luft warf und rief: „Da, glühende Kohlen, werdet zu Sternen, damit wir nachts Licht haben, wenn Mond und Sonne nicht scheinen“. Zur glühenden Asche sagte sie: „Da Asche, werde zur Milchstraße, um den Sternen leuchten zu helfen. Gib Licht, damit die Menschen nachts sehen können und nicht zu Hause sitzen zu brauchen“. Ein starker Wirbelwind trug daraufhin die Kohlen und die Asche hoch über die Wolken: Die schimmernden Kohlen wurden zu funkelnden Sternen und die glühende Asche wurde zum leuchtenden Bogen der Milchstraße. Wenn man diese Geschichte aus dem Legendenschatz der San liest, könnte man sich als passionierter Hobbyastronom ein mildes Lächeln abringen, wegen der doch so einfachen und weit hergeholten Darstellung der Sternentstehung. 

Eine völlig andere Bedeutung bekommt diese Erzählung für mich als Mitteleuropäer, wenn ich selbst unter dem tiefschwarzen namibischen Nachthimmel stehe, nach oben schaue und das leuchtende Band der südlichen Milchstraße und unzählige Sterne erblicke, die Geräusche des nächtlichen Afrika, den kühlen trockenen Nachtwind und den Duft der Pflanzen um mich. Dann fühlt man sich mit einem Mal in die Gedanken- und Mythenwelt der San hineinversetzt und ist wieder eins mit der Natur und mit dem großen „Schauspiel“ da oben. Man hat den Eindruck, als habe man etwas wieder gefunden, was man schon lange verloren zu haben glaubt. Ja, da sind glühende Kohlen und ein Band aus glimmender Asche…die San haben recht. 

Im Jahr 2009 führte uns wieder eine Reise nach Namibia. Diesmal astronomisch nur ausgerüstet mit einen Steiner 20 x 80 Fernglas, Stativ und Kinokopf als Leihgabe der Sternwarte Drebach. Leider war ein Aufenthalt zur Beobachtung auf Tivoli, Rooisand oder Hakos aus Zeit- und finanziellen Gründen nicht möglich gewesen. Zudem lag ein Großteil der Reisezeit um den Maivollmond. Gut zum Campen, schlecht für die Beobachtung So nutzte ich erst im zweiten Drittel der Reise die früh hereinbrechenden mondlosen Abende auf den Restcamps von Rooisand (Gamsberggebiet) und Farm Ameib (Erongo), um mit dem Fernglas durch die südliche Milchstraße und deren hellsten Objekten zu streifen. Für mich trotz der recht spartanischen Ausstattung ein absoluter Gewinn, denn weniger ist manchmal mehr. Schon allein die offenen Sternhaufen der von Europa aus nicht sichtbaren südlichen Teile des Sternbilds Skorpion sind ein Genuss. 

So zum Beispiel NGC 6231, den man bereits als diffusen Nebelfleck von 3 Magnituden (mag) mit bloßem Auge nahe bei ζ Sco ausmachen kann. Einer der hellsten offenen Sternhaufen, den man am Himmel beobachten kann und der den Plejaden an Pracht kaum nachsteht. Im 20 x 80 drängen sich dutzende 5 – 8 mag helle Sterne. NGC 6231 wurde 1752 von Abbe de Lacaille entdeckt. Unsicher ist eine Sichtung durch Hodierna bereits 1654.  

Östlich von NGC 6231 findet man den etwas schwächeren offenen Sternhaufen NGC 6124. Von Mitteleuropa aus würde man den Sternhaufen bei seiner Kulmination genau auf der Horizontlinie finden. Auch er ist in Namibia als schwaches Glimmen etwa 5° westlich von ζ Sco zu entdecken. Im Fernglas offenbart sich seine ganze Schönheit. Etwa 30 Sterne sind sehr gut in einer relativ sternarmen Umgebung zu entdecken. Abbe de Lacaille beschreibt 1755 seinen Eindruck von NGC 6231 als „Nebel ohne Sterne, er ähnelt einem großen Kometen ohne Schweif“. 

Ein wunderschönes Ziel, auch für das Fernglas oder ein kleines Teleskop ist Kappa Cruzis, die Juwelenkästchen bzw. „Jewel Box“ im Kreuz des Südens (Crux). Der hellste Stern ist  Kappa Crucis. Er dient auch als Orientierungspunkt für das Auffinden. Der Sternhaufen um Kappa ist bereits mit bloßem Auge als kleiner heller Sternknoten zu sehen. Im Zentrum findet man im Fernglas sechs helle Sterne als markantes Dreieck, dessen Spitze auf β Cru zielt. Fünf Mitglieder funkeln fast reinweiß während der sechste orange-rot einen auffälligen Kontrast bildet. Wer die „Jewel Box“ nicht in seinem Programm hatte, hat leider das Kleinod des südlichen Sternhimmels ausgelassen. Im Gegensatz zu Kappa Crucis steht der bereits deutlich die Milchstraße „ausstanzende“ Dunkelnebel des sogenannten Kohlensacks. Er befindet sich im südöstlichen Bereich des Kreuz des Südens und ist nicht zu übersehen. Man hat den Eindruck, dass der „Kohlensack“ merklich dunkler ist als der Nachthimmel außerhalb der Milchstraße. Hier sitzt man aber einer Täuschung auf. Es ist ein Kontrasteffekt, der unser Auge narrt. Es gibt also auch „kahle“ Stellen in unserem Band aus glimmender Asche. Wandert man mit dem Fernglas weiter südlich in das Sternbild Fliege (Musca), findet man weitere Dunkelnebel. Diese sind aber dann nicht mehr so markant, also Zeit lassen und nur gut dunkeladaptiert beobachten. 

Wenn man weiter nach Westen schwenkt findet man schnell NGC 3372. Hinter dieser nüchternen Bezeichnung des New General Catalugue verbirgt sich Eta Carinae, dass absolute Highlight der südlichen Milchstraße. Die Milchstraße ist in dieser Region des Himmels so hell, dass sie bereits in der späten Dämmerung auftaucht. Zuviel will ich nicht verraten, dass muss man selbst sehen. Mit dem Steiner erlebt man ein riesiges Feld von hellen und dunklen Strukturen, diffus leuchtenden Bereichen und Dunkelbändern. Es ist der Höhepunkt einer Beobachtungsnacht und man braucht viel Zeit und Muße dafür. Egal ob man mit dem Fernglas oder mit dem 20“ Dobson beobachtet.

Es gibt also viel zu sehen im Band der glimmenden Asche und der glühenden Kohlen. Die Eule hat gute Arbeit geleistet. 

Um die Geschichte der Buschleute ein wenig weiter zu erzählen: Die Eule wurde am nächsten Morgen von der aufgebrachten Sonne wegen ihrer Taten gescholten. „Weißt du welches großes Unheil Du angerichtet hast ? Nun werden die Menschen sich nachts herumtreiben um Böses zu tun. Ich habe die Nächte mit Absicht so dunkel gemacht, damit die Menschen ihre Hände nicht vor Augen sehen können, sie zu Hause bleiben müssen und schlafen….Fortan sollst du nur nachts bei Sternenlicht fliegen, denn wenn ich Dich am Tage erblicke, werde ich Dich zu Asche verbrennen. Wer dich auch sieht, wird dich für deine dumme Handlung verspotten“. Nun, ich habe mich gern in der afrikanischen Nacht herum getrieben und das Werk der Eule betrachtet und ich werde es wieder tun, denn auch mich haben diese Nächte und Erlebnisse begeistert.

Alle Rechte vorbehalten! Erstveröffentlichung im “Journal für Astronomie 2/2011“, S. 18-19